St. Martin Senioren lernen, wie man Alpin-Skier baut

Der Winter ist noch nicht richtig vorbei, da holten sich die Senioren von St. Martin schon einen Vorgeschmack auf den nächsten Winter. Sie besuchten bei einem Tagesausflug den letzten in Deutschland produzierenden Skihersteller: die in der Region allseits bekannte Firma Völkl Sports in Straubing. Der Nachmittag gehörte einem Kleinod, der Wallfahrtskirche in Sossau.

Für die meisten der Senioren war es ein kleiner Trip bis in ihre Jugend zurück, in der die Marke VöStra oder der Völkl Renntiger und andere Modelle des Straubinger Herstellers die Freude am Wintersport prägte. Freilich, manchmal wurden die Bretter auch zur Plage, wenn man noch Anfänger war. 1923 begann Franz Völkl in einer kleinen Schreinerwerkstatt in der Straubinger Innenstadt mit der Produktion der ersten Skier, damals meist aus Eschenholz. Später vergrößerte er und zog an den Stadtrand. Heute werden im 1998 erbauten Werk in Straubing-Sand täglich 1500 Paar Skier, in der Hochsaison im Sommer 2000 Paar, gebaut. Die 360 Mitarbeiter, in der Hochsaison sind es 420, fertigen pro Jahr 340 000 Paar in 70 Modellvarianten, die in 40 Länder der Erde verkauft werden.
Peter Palloch und Josef Stadler, beide ehemalige Entwicklungsingenieure und im Ruhestand, führten die Deggendorfer durch die Hallen. Rund 125 Arbeitsschritte sind nötig, um aus bis zu 50 unterschiedlichen Einzelbestandteilen, mit einem Arbeitsaufwand pro Ski von bis zu 2 ½ Stunden, verteilt über 15 Arbeitstage, den fertigen Ski werden zu lassen.
Monatelange Entwicklung in der eigens dafür zuständigen Abteilung und ein penibler Materialeinkauf sind die Grundvoraussetzungen für die Klasse des Produktes. Und das Äußere, die Optik der Oberfläche, die mittels Sieb- oder Digitaldruck bewerkstelligt wird, stellt den Verkaufserfolg sicher. Bis es soweit ist, werden die ausschließlich verwendeten Holzkerne millimetergenau gefräst, in der sogenannten Sandwich-Bauweise mit Harz verleimt, die Kanten eingefügt und in der Skipresse bei 100 Grad Celsius mit 9 bar Druck „gebacken“. Die Konturstraße verleiht dem Ski die „Taillierung“, nach der Schleifstraße für die Laufsohle ist die Paarung fällig, die schließlich in die intensive Endkontrolle führt. Und die gewährleistet, dass Völkl seiner Firmenphilosophie gerecht werden kann: Skier im Premiumbereich von höchster Qualität herzustellen und den Standort als einziger deutscher Skihersteller sichern zu können.

Äußerlich nicht gerade spektakulär, aber innen ein Kleinod ist die Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt im kleinen Ort Sossau auf der linken Donauseite, der heute zur Stadt Straubing gehört. Mesner Gerhard Stahl brachte den Deggendorfern fundiert und humorig gewürzt „seine Kirche“ näher. 1146 als Schenkung an das Kloster Windberg erstmals urkundlich erwähnt, gab es schon vorher ein Gotteshaus, wohl eine Eigenkirche der Grafen von Bogen. Die Prämonstratenser betreuten 650 Jahre lang Kirche und Wallfahrt bis zur Säkularisation. Ihr „marianisches Haus“ bezeichneten sie dabei auch als ihr „costbarist Clainott“. Der Legende nach stand die ursprüngliche Kirche in Antenring bei Perkam und war von einem römischen Offizier namens Acilius, der im Jahre 94 den Märtyrertod erlitt, errichtet worden. Die Römersiedlung war verschwunden und Räuberbanden trieben im 12. Jahrhundert dort ihr Unwesen. Deswegen wollte die Gottesmutter ihre Kirche auf sicherem Grund wissen. So trugen Engel die Kirche nach Sossau, mussten sie aber, weil sie zu schwer war, dreimal absetzen: bei Alburg, am Frauenbrünnl westlich von Straubing und nahe Kagers, ehe sie die Kirche im „Frauenschiff“ über die Donau ruderten. Die Ähnlichkeit dieser Legende mit jener von der Übertragung des heiligen Hauses von Nazareth nach Loreto, brachte Sossau die Bezeichnung „Bayerisches Loreto“ ein.
Eigentlich sollte die Kirche 1805 abgerissen werden, wurde aber durch den Kauf eines Bauern gerettet. 1836 wurde Sossau zur Expositur und gehört seither zur Pfarrei St. Jakob in Straubing.


Herbert Schüßler

Die St.-Martins-Senioren mit Werkführer Peter Palloch (vorne rechts) im Foyer des Straubinger Werkes von Völkl Sports. - Foto: Herbert Schüßler