„Drunt’ in der greana Au …“

Ausflug der St.-Martins-Senioren zur Auer Dult nach München

Skeptisch schauten sie bei der Abfahrt in Deggendorf aus dem Busfenstern. Aber spätestens auf Höhe Dingolfing war den Senioren der Pfarrei St. Martin klar, dass sie in München ein sonniger Tag erwartet. Am Ziel, der Auer Kirchweihdult konnten sie rund um die Pfarrkirche Mariahilf manches aus der Münchner Geschichte und viele „Münchner Gschichtn“ erfahren.
1796 verlieh Kurfürst Karl Theodor der Vorstadt Au das Recht im Mai und Oktober Jahrmärkte abzuhalten. Bereits 1310 wurde die Jakobidult, die Ende Juli stattfindet, erstmals urkundlich erwähnt, die man 1906 auch auf den Mariahilfplatz verlegte. Seither gibt es die Auer Dulten. Sie gelten außerdem als Europas größter Geschirrmarkt.
Zwei charmante Stadtführerinnen führten die Deggendorfer über die Marktstraßen. Dabei konnten sie erfahren, dass etwa 300 Händler - „Standlleut“ - und Schausteller beteiligt sind. Neben Ketten- und Kinderkarusell, Schiffschaukel, Schieß- und Imbissbuden ist das einzige transportable Riesenrad, das „Russnrad“, der Welt zu erleben.
Eine Reihe von Ständen sind vorher auf der Münchner Wiesn gewesen und beenden ihre Saison auf der Auer Dult. Beispielsweise der „Mandel Hans“, dessen Bude der Bayerische Ministerpräsident alljährlich vor seinem Einzug ins Oktoberfest-Bierzelt mit Anstichzeremonie besucht, oder die „Fischer-Vroni“, die traditionsgemäß am Eingang zur Wiesn platziert ist. Eine lange Tradition weist der Münchner Flohzirkus auf, der ebenfalls auf beiden Festen zu finden ist. Er hatte kurz vor der Wiesn Pech, seine „Artisten“ fielen einer Viruserkrankung zum Opfer und lagen tot in ihrem Käfig. Mühsam musste der Zirkusdirektor auf Igeln sich neues Personal rekrutieren und es innerhalb weniger Wochen zur Auftrittsreife trainieren. Eine Standlfrau zählt den ehemaligen Münchner Oberbürgermeister Christian Ude zu ihrem berühmtesten Stammkunden. Sie bietet Gerätschaften und alltägliche Gebrauchsgegenstände für Linkshänder an. Wem die Hose rutscht und der Gürtel den Bauch zu sehr einengt, dem kann in der Hosenträgernäherei schnell und mit handwerklicher Qualität geholfen werden. In der Abteilung Kunst- und Antiquitätenmarkt, wie an den vielen Ständen mit Porzellan, Keramik und Geschirr können die Begehrlichkeiten genauso befriedigt werden, wie an den Ständen mit Neuigkeiten für Haushalt und Gesundheit. Dort werden die Sonderangebote von Marktschreiern angeboten, deren Sprüche einen eigenen Unterhaltungswert besitzen. Selbst Schauspielerprominenz trafen die Niederbayern: Dieter Fischer, besser bekannt als Hauptkommissar Stadler aus den Rosenheimcops und Andreas Giebel, alias Polizeihauptmeister Xaver Bartl aus der Serie „München 7“, genossen den Flair der Auer Dult.
Eine kleine Enttäuschung mussten die Martins-Senioren hinnehmen. Sie warteten kurz vor der Heimfahrt auf die Klänge des Carillon aus dem Turm der Mariahilf-Kirche. Das Glockenspiel mit 65 Glocken und einem Gewicht von 22 Tonnen besitzt ein Manual und ein Pedal und wird demnach nicht elektrisch maschinell, sondern händisch zu besonderen Zeiten gespielt. Leider fing der kräftige Wind die Glockentöne vor den Schalllöchern ab und verblies sie in alle Richtungen, nur nicht zu den gespannt Lauschenden.
Trotzdem traten die Ausflügler zufrieden mit dem Erlebten und mit so manchen kleinen Schätzen im Gepäck die Heimfahrt an.

Herbert Schüßler

Das Riesenrad wurde 1925 von einem Schwabinger Schuster das erste Mal der Münchner Öffentlichkeit vorgestellt. Bis in die 1960er Jahre war es das größte Riesenrad Bayerns. Es ist immer noch in Familienbesitz und wird ausschließlich in München aufgebaut, dreimal zur Auer Dult und einmal zum Oktoberfest. Vor drei Jahren feierte es seinen neunzigsten Geburtstag. Die dazugehörige Volksfestorgel ist Nostalgie pur.

Der Arbeitsplatz der Hosenträgernäherin. Im Spiegel sind die Ausgangsmaterialien und die fertigen Hosenträger erkennbar.