Den Chiemsee von seiner stilleren Seite erlebt

Der Chiemsee ist ein attraktives Ziel, deswegen war auch der Bus vollbesetzt, der die Senioren von St. Martin Deggendorf zum „Bayerischen Meer“ brachte. Dort genossen sie neben der Zeit auf dem Schiff die Stille des Klosters Frauenwörth und das Alte Schloss auf Herrenchiemsee.

Noch bevor die Touristenströme den Chiemsee mit seinen eigentlich idyllischen Orten überschwemmen, war es ein Genuss, mit dem Schiff von Gstadt aus zur Fraueninsel im Chiemsee überzusetzen. Das Wetter war zwar etwas durchwachsen, das gewohnte Bild des Alpenpanoramas etwas versteckt, trotzdem ließen sich die Deggendorfer nach einer ausgiebigen Mittagspause und einem Besuch im Klosterladen darauf ein, mehr über das klösterliche Leben in der Abtei Frauenwörth zu erfahren. Schwester Hanna Fahle, OSB, machte deutlich, wie die Regeln, die der heilige Benedikt im sechsten Jahrhundert aufstellte, noch heute ihre große Bedeutung haben. Die regelmäßigen Gebetszeiten bilden die Grundlage der Tagesstruktur der Ordensgemeinschaft. Dieser passen sich an die Zeiten für Arbeit, persönlicher Einkehr, des Gespräches untereinander und der Erholung. Den äußeren Rahmen dazu gibt ein Kloster mit einer fast 1300jährigen Tradition seit seiner Gründung durch Herzog Tassilo III. um 722. Dazu eine Kirche, deren Fundament und Grundmauern nur ein Jahrzehnt jünger sind und ein rund 1000 Jahre alter Hochbau, der die Ruhe und Gelassenheit in die heutige, hektische Zeit trägt. Ausdruck dafür sind, neben dem ältesten Gebäude der Insel, der karolingischen Torhalle und der wechselvollen Geschichte des Klosters, die von vielen verschiedenen Baustilen geprägte Kirche, die romanischen Fresken und die durch unzählige Pilger ausgetretene Türschwelle am Zugang zum Münster. Besonders beeindruckte der so genannte Äbtissinnengang in dem alle Klostervorsteherinnen bildlich dargestellt sind. Ihnen steht zu, als Zeichen ihres Amtes den Stab zu führen und anstatt der Mitra trugen sie, zumindest in früheren Zeiten, eine Krone. Natürlich stand dabei die Vita und das Hochgrab der seligen Irmengard, der ersten namentlich bekannten Äbtissin besonders im Mittelpunkt.
Nach dem Übersetzen zur Herreninsel stand diesmal nicht das Prunkschloss Ludwigs II. im Vordergrund, sondern das Alte Schloss unweit des Anlegestegs. Als Augustiner-Chorherrenstift zwischen 1645 und 1730 errichtet, bietet es die qualitätsvollsten barocken Profanräume Deutschlands, an denen auch der berühmte Johann Baptist Zimmermann mit der Gestaltung des Bibliothekssaales beteiligt war. Die ehemaligen Wohnräume des Märchenkönigs sind in vollständiger Einrichtung zu sehen. Und der Bezug in die Gegenwart wird in den historischen Räumen des Verfassungskonvents hergestellt. Hier ist das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, eines der wichtigsten Kapitel der modernen Demokratie entstanden.
Mit einem wundervollen Blick auf den nun im leichten Sonnenschein liegenden See genossen die Deggendorfer Senioren ihren Kaffee und Kuchen bevor sie das Schiff zurück nach Gstadt und der Bus zurück in die Heimat brachten.


Herbert Schüßler