Abenteuer Untertage und Tauben in der Kirche

Bodenschätze und ihr Abbau faszinieren immer wieder die Menschen. So sind die Senioren der Deggendorfer Pfarrei St. Martin dem Ruf gefolgt, sich im Bergwerk Kropfmühl bei Hauzenberg mit dem geheimnisvollen Material des Graphits zu beschäftigen. Völlig gegensätzlich dazu war der Besuch in Grainet, der sie mit fliegenden Tauben in der Pfarrkirche überraschte.

Der Bergmann nennt es Einfahren, tatsächlich aber mussten die Besucher aus Deggendorf 222 Stufen bewältigen, um auf 45 Meter Tiefe – bergmännisch Teufe - zu kommen. Auf dem Weg und vor Ort erzählten dann die Bergleute Johann Fast und Ludwig Knon von ihren Berufserfahrungen. Letzterer hatte schon von Kind an den Wunsch, wie seine Vorfahren Bergmann zu werden und verbrachte 40 Jahre seines Berufslebens bei konstanten 12 Grad untertage mit dem Graphit. Graphit ist wie der Diamant eine natürliche Erscheinungsform des chemischen Elements Kohlenstoff. Entdeckt wurde er 1779 vom deutsch-schwedischen Chemiker Carl Wilhelm Scheele. Vorher hielt man das kristalline Material für Blei. Gehalten hat sich dieser Irrtum bis heute in der Bezeichnung Bleistift. Schon die Kelten verwendeten Graphit bei der Keramikproduktion. Wurde der Graphit seit dem Mittelalter, besonders aber im 18. Jahrhundert von den Landwirten auf ihren Feldern abgebaut, begann 1870 der industrielle Abbau. Der wurde in Kropfmühl 2006 eingestellt, jedoch 2012 mit Erfolg wieder aufgenommen. Derzeit befinden sich die kilometerlangen Abbaustollen in 220 Meter Tiefe.
Die Eigenschaften des Graphits lassen das „schwarze Gold“ neben der Bleistiftproduktion in der Pulvermetallurgie, der Automobil-, Feuerfest-, Kunststoff- und Batterieindustrie besonders wichtig sein. Neuerdings findet sich Graphit auch als Zusatz in der Dämmstoffherstellung. Dass das Arbeiten in der Grube nicht ungefährlich ist, erzählte Ludwig Knon mit Schaudern in der Stimme von einigen tödlichen Unfällen. Trotzdem - wer das Graphit-Virus einmal in sich hat, den lässt es nicht mehr los. Glück auf!

Tiere in der Kirche? Figurendarstellungen als Ochs und Esel an der Krippe, als Palmesel oder Attribut zu Heiligenfiguren sind sie nichts Ungewöhnliches. Aber lebende Tiere? Pfarrer Dr. Michael Gnan in Grainet hat schon in den Schriften Martin Luthers Hinweise auf Tiere bei den Gottesdiensten gefunden. Deshalb sind bei ihm Tauben, die Symbolfigur für den Heiligen Geist, aber auch eine Ziege, Teil der Spiritualität und der Liturgie. Überraschend für seine Besucher aus Deggendorf empfing er sie in seinen liturgischen Gewändern. Damit sollte deutlich werden, dass Gottesdienst und Tiere keine Gegensätze sind. Zu einem Menuett von Josef Haydn, gespielt von zwei Schülerinnen auf Violine und Cello, ließ Pfarrer Gnan seine weißen mit kleinen Glöckchen versehenen Tauben steigen. Diese Klangkombination mit ihrem eigenwilligen Flair begeisterte die Senioren.
Dazu kam noch die Geschichte der Pfarrkirche Heiligste Dreifaltigkeit selbst. Grainet lebte zu Zeiten des Goldenen Steiges recht gut vom durchziehenden Salzhandel. Als dieser zum erliegen kam, verarmte der Ort, denn die Landwirtschaft war wenig ertragreich. Die alte, um 1500 erbaute Nikolauskirche wurde zu klein, einen Neubau konnten sich die Bewohner nicht leisten. Erst ein tragisches Unglück, als ein Neugeborenes auf dem Weg zur Taufe in die zuständige Pfarrkirche in Freyung erfror, veranlasste Fürstbischof Joseph Dominikus von Lamberg den Passauer Schiffsmeister Lukas Kern und seine Ehefrau Theresia zu einer Stiftung, die die Errichtung der Kirche und der eigenständigen Pfarrei ermöglichte. 1823 erwarb man den Hochaltar der 1803 säkularisierten Franziskanerkirche in Passau. 1999 erfolgte eine umfassende Renovierung.


Herbert Schüßler